Das etwas versteckt gelegene, auf einer Ebene den westlichen Winden, aber auch der Sonne von ihrem Auf- bis Untergang ausgesetzte und mit seinen Pastellfarben mediterran anmutende Gebäude der Domaine de vieux Pressoir heißt Besucher jederzeit willkommen. Die »Alte Weinpresse«, so die deutsche Übersetzung, ist einer der typischen Familienbetriebe dieser Region, die wenig Aufhebens von ihrer Produktion machen, einst überwiegend Landwirtschaft betrieben und lange Krisenzeiten durchstanden. Bruno Albert, Winzer in der fünften Generation, übernahm den Betrieb 1985 von seinem Vater; zu den seinerzeitigen knapp 15 Hektar erwarb er im Laufe der Jahre zehn weitere, um den Weinbau profitabel zu machen. Getreide- und Sonnenblumenanbau wird in gleicher Größenordnung nach wie vor gepflegt. Keine der beiden Betätigungen allein würde für ein Auskommen heute mehr ausreichen.
Bleiben wir beim Weinbau. Der kalkhaltige Tuffstein (Turonium) und jurassischer Quarzsand bilden zwei unterschiedliche Terroirs, und ebenso unterschiedlich sind die Weine, die Bruno Albert aus den auf ihren Böden geernteten Trauben produziert. Gleichwohl laufen Alberts Weine alle unter der Appellation Saumur, die insgesamt 3000 Hektar Anbaufläche ausmacht. »Einige Gemeinden würden eine eigene Appellation verdienen,« meint Bruno Albert, »etwa Puy-Notre-Dame, Brossay und Valdeney, Die Sammelbezeichnung AOC Saumur wird heute den Unterschieden einzelner Weine nicht mehr gerecht.«
Die Ernte der unter Verzicht synthetischer Bekämpfungsmittel behandelten Trauben geschieht mit wenigen Ausnahmen durch Maschineneinsatz. »Handarbeit ist unbezahlbar geworden, ganz abgesehen davon, dass man qualifiziertes Lesepersonal kaum noch findet. Und man schmeckt es nach meiner Erfahrung nicht heraus, ob ein Wein hand- oder maschinengeerntet wurde…«
Die Vinifizierung findet in unterirdischen, mit Epoxy beschichteten Betontanks statt, aber man verwendet auch einige Stahltanks und zum Ausbau der lieblicheren Sorten (wie den Coteaux de Saumur Cuvée Emile) Barriques. Rund 100.000 Flaschen kann Bruno Albert im Jahr abfüllen, ud eine treue Privatkundschaft, die etwa 20 Prozent des Gesamtumsatzes bringt, holt sich Jahr für Jahr das für sie reservierte Quantum im Lager der Domaine selbst ab. Außerhalb Frankreichs sind Bruno Alberts Weine nicht sehr bekannt, obwohl sie in den einschlägigen Publikationen regelmäßig erwähnt und auf den wichtigen Messen von Paris und Mâcon schon mit zahlreichen Auszeichnungen in Gold und Silber prämiiert wurden. Wer einmal etwas andere Saumurs entdecken möchte, findet bei Bruno Albert interessante Alternativen, so auch einen Schaumwein nach der »méthode traditionelle«, der erst nach 15 Monaten Lagerung in den Handel kommt.